Spaziergang durch den Wald – Gedanken und Wahrnehmung
Ich habe letztes Wochenende einen langen Spaziergang durch den Wald, angefangen von dem Ortskern Berchtesgadens bis nach Obersalzberg, gemacht. Es ist mein Lieblingsspaziergang, der ungefähr 2 Stunden durch den dichten Wald im Serpentinenpfad nach oben führt.
Schon der erste Schritt ist befreiend. Das Rauschen der Blätter unter dem Schuhwerk, das Zwitschern der Vögel auf den hohen Ästen und das Wühlen der Kleintiere an den Baumwurzeln – als würde man in einer anderen Welt eintauchen.
Ich atme durch und genieße das Grün dankend. Ich lächle und die Gedanken kommen. So viele Gedanken, dass ich sie hören kann, während die Stille des Waldes sich nach und nach in meine Seele setzt. Ich bündle meine Gedanken und starte mit der Dankbarkeit. Dankbar für so einen schönen Spaziergang durch die Natur.
Klingt sehr märchenhaft? War aber nicht immer so.
Es hatte etwas gedauert, bis ich diesen obig beschriebenen Zustand erreichen konnte. Oft habe ich geweint, war wütend, verzweifelt und all die negativen Emotionen, die einen nicht zur Ruhe bringen wollten, sind hochgekommen und haben mich wahnsinnig gequält. Ich bin gelaufen und gelaufen und wollte eher den sportlichen Faktor genießen, als meine Natur um mich herum wahrzunehmen – im Grunde bin ich weggerannt und habe es als „Naturausflug“ für mich tituliert.
Erst mit der Zeit habe ich gelernt, einfach stehen zu bleiben, mich umzuschauen, mich umzudrehen, zu beobachten, auch meinen Mitmenschen beim Vorbeilaufen „Servus“ zu sagen, zu lächeln und meinen Sinnen Raum zu geben.
Diese Erfahrung hat das Schöne so in den Vordergrund gedrängt, dass ich das Gefühl hatte, meine Gedanken werden von den Bäumen genauso recycelt, wie die Luft selbst. Alles kommt frisch zurück. Ich spürte eine tiefe Verbindung und Dankbarkeit.
Diese grundlegende Erfahrung, die ersten zarten Knospen dieser Erfahrung, haben mich in regelmäßigen Abständen in die Natur gezogen. Ich habe mich danach einfach besser gefühlt, innerlich aufgeräumter und mir selbst näher, Stück für Stück habe ich von der Natur gelernt und zwar einfach nur zu SEIN.
Es ist ein Prozess, den jeder für sich entdecken und zulassen sollte, ich beschreibe nur eine Methode, die mir geholfen hat, meine Kraft zu spüren.
Wenn man erstmal diesen Schritt in die Einsamkeit gewagt hat – wobei hier die Einsamkeit nicht negativ gewertet, sondern ein Spiegel unseres Selbst ist, auch wenn wir Herdentiere sind, so existieren wir auch als Individuen – wird man dafür belohnt und zwar mit dem Gefühl des Menschseins in Einklang mit der Natur.
Wir kommen alleine auf diese Welt und wir gehen alleine von dieser Welt – so können wir auch aus dieser Einsamkeit schöpfen.
Ich habe für mich herausgefunden, dass es durchaus Sinn macht, das Handy daheim zu lassen, denn man lernt sich mit diesen Gedanken, Emotionen und inneren Bewegungen und Regungen auseinanderzusetzen, ohne dass eine äußere Ablenkung da ist – deswegen Handy weg!
Bin ich erstmal im Wald oder in der Natur, so setze ich mich nach einem langen Spaziergang auf einen Stein, eine Bank, eine Wiese oder welche Art von Sitzmöglichkeit die Natur bereitstellt, hin.
Ich nehme wahr…
Herrlich, wie alles um mich herum lebt, riecht und gedeiht und die Negativität in mir kleiner wird…
Ich beobachte mich selbst, spüre meinen Atem, lausche meiner inneren Stimme und merke, dass die schönen Dinge, die tollen Menschen, die Natur in den Vordergrund treten. Dankbarkeit macht sich breit.
Ich erkläre es mir so:
1. Geist
Auch wenn dunkle Gedanken erstmals über uns schweben, so werden diese schnell vom Leben des Waldes vertrieben. Sie können nicht bleiben. Die Natur atmet nicht nur um uns, sondern wir atmen sie ein.
Die kalte, frisch gereinigte Luft geht in die Lungen und mit dem Ausatmen nehmen wir auch von den trüben Gedanken Abschied. Und so Schritt für Schritt werden wir eins mit der Natur, erden uns und kommen im JETZT an.
Gute Hormone werden ausgeschüttet, ein wohliges Gefühl stellt sich ein, wir spüren Körper, Geist und Seele und können jeden Schritt und jeden Atem unseres Menschseins genießen.
Durch das Wohlfühlen und Loslassen steigt auch unser Bewusstsein und Selbstbewusstsein. Wir erfreuen uns der Landschaft. Wir bauen Stress ab und es macht Lust auf mehr Bewegung.
2. Körper
Wenn ich durch den Wald laufe, breite ich gerne meine Arme aus und fasse beim Vorbeigehen die Baumrinde an. Manchmal bleibe ich auch stehen und berühre mit beiden Händen den Baum, interessante Struktur, je länger man darüber nachdenkt und es bewusst wahrnimmt.
In unserem Alltag bedienen wir oft nur 2 Dinge aktiv und bewusst, und zwar „sehen“ und „hören“.
Der Tastsinn kommt selten zum Einsatz. Die freie Bewegung in der Natur, frei von allen zivilisatorischen Ausstattungen, lässt das „Menschsein“ zu, wir riechen bewusst die Natur, wir nehmen Naturluft an unseren Händen und Gesicht wahr. Der Kopf wird klar, wir kommen ins Gleichgewicht.
Natur macht süchtig, nicht nur, weil wir das Gefühl von „being away“ genießen dürfen, sondern auch, weil es unseren hin und her springenden Geist zur Ruhe kommen lässt. Wir sind ein Teil der Natur und dies findet Anklang in uns. Probiert es aus. 1-2 mal die Woche ohne Handy in die Natur.
Wie macht Ihr das? Ich freue mich auf Euer Feedback
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