Mitten in der Kriegsführung als Kaiser, die oft sehr grausam von Dannen ging, hegte Marc Aurel den innersten Wunsch, seine Seele zu kultivieren. Seine freie Zeit widmete er dem Studium der Philosophie und der geistigen und sittlichen Vollkommenheit.

Eines seiner wichtigsten Werke ist das Buch "Die Selbstbetrachtungen", in dem er das Streben nach Selbsterkenntnis und tugendhaftem Handeln erörterte.

Auch wenn er als Kaiser und Philosoph zwei entgegengesetzte Ziele verfolgte, so stand für ihn in jeder Situation das rechte Handeln im Dienste des römischen Volkes im Vordergrund, welches ihn deswegen zum weisesten Kaiser im römischen Reich kürte. Nach seinem Ableben fiel das Volk in eine tiefe Trauer, da er sein Volk und sein Land stets vor den Feinden verteidigte. Diese konfliktbehaftete Lebensweise, die man an einer anderen Stelle vertiefen kann, ändert nichts an der Tatsache, dass seine "Selbstbetrachtungen" eine wesentliche Grundlage des Stoizismus darlegten.

In seinem Werk "Selbstbetrachtungen" geht es um die Erkenntnis der Seele/Selbsterkenntnis, die Beziehung zu den Menschen und zu Gott.

Der Stoiker unterwirft sein Gemüt und seine Gemütszustände den Fügungen des Schicksals und dem Gesetz der Natur, um so sich vollkommen auf sein eigenes Ich konzentrieren zu können. In anderen Worten, die Harmonie wird dann erlangt, wenn das Ich als Teil des Weltgeschehens und des Schicksals anerkannt wird und somit der Mensch seiner Tätigkeit nachgehen kann.

"Was jedem Menschen begegnet, ist für ihn aus der Naturnotwendigkeit gemäß angeordnet." genauso wie er weiter sagt "(...) in ähnlicher Weise sagen wir ja, dieses und jenes füge sich für uns, wie die Baukünstler von den Quadersteinen in den Mauern oder Pyramiden sagen "Sie fügen sich", wenn sie durch irgendeine Zusammensetzung ineinander passen. Denn durch alles geht eine Harmonie; und gleich wie aus allen Körpern zusammengenommen die Welt ein so vollendeter Körper wird, so wird auch aus allen wirkenden Ursachen zusammengenommen eine so vollendete ursächliche Kraft, das Schicksal". (5,8)

Für Marc Aurel war es von großer Bedeutung, seine Seele zu formen und wachsen zu lassen, in dem man das Schicksal so annahm, wie es kam und sich davon nicht erschüttern und seine Gemütsregungen überhand nehmen ließ.

Die Seele oder das Innere des Menschen sollte gegen die Kräfte des Schicksals gewappnet sein, in dem es sich darin übte, Gemütsregungen wie Launen, Schmerz, Begierde zu prüfen, ob diese denn gerade angemessen sind bzw. notwendig sind. Nimmt eine dieser Gemütszustände überhand, so sollte man sich versuchen zu mäßigen und seine Vernunft walten lassen. Ist es denn gerade wirklich notwendig? Woher kommt mein Verdruss und mein Zorn? Analyse hilft, sich wieder im Jetzt zurückzufinden, um dann der Vernunft eine Chance geben zu können. Es klingt in der Theorie immer einfacher als es ist, aber wenn man diese Übung ein paar Mal wiederholt hat, lernt die Seele zu wachsen und man bekommt schnell selbst von innen einen Impuls, der zum kurzen "stopp" ermahnt.

Die Stoiker waren der Ansicht, dass es eine kosmische Harmonie gab, in der jeder Einzelne einen Platz hat, frei von Leidenschaften. Nur durch rechtes und tugendhaftes Handeln können wir eine innere Ruhe aufbauen und genießen. So kommen wir auf unseren zweiten Punkt, nämlich die Beziehung zu den Freunden und zu Gott- die gottgegebene Menschenfreundlichkeit

Dazu schreibt er im neunten Kapitel : "Wer unrecht handelt, handelt gottlos. Denn die Allnatur hat die vernünftigen Wesen für einander geschaffen, um einander nach Würdigkeit zu nützen, keineswegs aber zu schaden; wer also ihren Willen übertritt, der frevelt offenbar gegen die älteste der Gottheiten. Auch wer lügt, frevelt gegen dieselbe Gottheit. Denn die Allnatur ist das Reich der Seienden."

Marc Aurel war seinen Mitmenschen gegenüber stets höflich, ohne Leidenschaft, aber trotzdem im Umgang mit den Menschen zuvorkommend, welches ihm sehr viel Hochachtung und Respekt zukommen ließ. Er verstand es auf dieser Ebene seine eigenen Lehren in die Taten umzusetzen.

Für Marc Aurel war der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen, welches ein Teil des Kosmos war, ergo gab es für ihn die kosmische Vernunft, die die Menschen untereinander verbindet, da jeder dieser Vernunft mächtig ist und dementsprechend auch teilt, deswegen will der Mensch auch in einer Gemeinschaft leben, da er diese zusammen mit den anderen Menschen wirkt - da kosmische Vernunft.

Die eigene Natur zu achten, schreibt Marc Aurel, heisst auch, die Natur der kosmischen Vernunft, der Gemeinschaft zu achten, welches letztendlich der Gemeinschaft auch nützt (Kapitel 5, 1)

Wie handelt man nun mit Menschen, die nicht tugendhaft handeln? Marc Aurel rät hier ohne Zorn und verständnisvoll zu reagieren. (Kapitel 4, 3)

Freundlichkeit, Güte, Gutsein ohne Künstlichkeit, harmonischer Umgang mit Freunden und Familie sind feste Bestandteile seiner Philosophie, denn sie formen die Gemeinschaft und damit auch die Seele jedes Einzelnen (Kapitel 1, 9)

Jede Tat des Menschen hat nach Marc Aurel eine Wirkung auf die eigene Seele und damit auf den Menschen. "Wer sündigt, versündigt sich an sich selbst, wer unrecht tut, schadet sich selbst, indem er sich selbst verschlimmert" (Kapitel 9,5)

Und hier kommen wir auch zum Ursprungsgedanken zurück, wenn der Mensch sich als ein Teil des Kosmos sieht und auch mit den anderen Menschen die kosmische Vernunft teilt, von der auch jeder profitiert, um so eine Gemeinschaft bilden zu können, so sollte er tugendhaft handeln, was somit rückläufig zum Wohle der eigenen Seele und der Gemeinschaft beiträgt.

Fazit:

Selbsterkenntnis erlangt man, wenn man sich stets prüft und seine Handlungen als Pars pro Toto sieht. Bei jeder Reflexion kann die Seele sich zurückziehen und wachsen.

Wie seht Ihr das?